Kein Nachschieben von Kündigungsgründen

Mit seiner Entscheidung vom 28. Oktober 2010 hat der EuGH (Aktenzeichen: C 203/09) deutlich gemacht, dass der Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers dann nicht ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer erst nachträglich von den Gründen Kenntnis erlangt, die eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätten.
Hintergrund der Entscheidung ist, dass § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB vorsieht, dass ein Ausgleichsanspruch entfällt, wenn der Hersteller das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorgelegen hat. Während in der Vergangenheit ganz überwiegend die Ansicht vertreten worden ist, dass wegen des Wortlauts der EG-Richtlinie 86/653/EWG („wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters“) eine Ursächlichkeit des wichtigen Grundes für die Kündigung erforderlich sei, hatte der Bundesgerichtshof dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine Auslegung, dass in dem Fall, in dem der Unternehmer auch nach Ausspruch der Kündigung von den wichtigen Gründen erfahren hat, ein Ausschluss in Betracht komme.
Der EuGH hat in seiner Entscheidung nochmals betont, dass gerade wegen der Verwendung des Wortes „wegen“ der Gesetzgeber deutlich gemacht habe, dass der Ausgleichsanspruch nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Entscheidung des Unternehmers, den Vertrag zu beenden, ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Auch wenn die Entscheidung des EuGH vor dem Hintergrund des konkreten Falles nur die Fallgestaltung betraf, dass es um ein Verhalten ging, welches nach Ausspruch der Kündigung, aber vor Beendigung des Vertrages vorgelegen hat, muss die Entscheidung des EuGH auf sämtliche Fälle nachträglicher Kenntniserlangung ausgedehnt werden. Insoweit macht es keinen Unterschied, wann das Verhalten des Handelsvertreters vorgelegen hat. Entscheidend ist, dass der Unternehmer wegen des Verhaltens des Handelsvertreters den Vertrag gekündigt haben muss.